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Kooperationsverträge (Special)
Theaterhäuser, Kulturzentren schließen zunehmend mit
denen bei ihnen produzierenden oder sogar gastierenden Künstlern
keinen Produktions- oder Gastspielvertrag ab, sondern einen
Koproduktions- oder Kooperationsvertrag und sparen so u.a. die
KSK-Abgabe. Über die weiteren Pferdefüße, aber auch über die
Möglichkeiten, die vertragliche Gestaltung, informiert dieses
Special. Beispiele:
- Eine Tanzschule will Bildungsgutscheine von arbeitslosen
Tänzerinnen abrechnen können, muss dazu zertifiziert sein,
kooperiert deshalb mit einer anerkannten Einrichtung, z.B. einer
VHS.
- Ein französisches Museum will sein Projekt „van Gogh –
Genie und Krankheit“ vor allem aus europäischen Töpfen bezahlen
lassen, muss deshalb mit Partnern aus anderen Ländern
kooperieren.
- Ein Verein will für ein Festival mit Kulturhäusern, in
denen die Veranstaltungen stattfinden, kooperieren. Das soll
sich aber auf mietfreie Nutzung der Räume, Einnahmeteilung,
Kostenbeteiligung und gemeinsame Werbung beschränken.
- Ein Kulturzentrum schließt mit einer gastierenden
Theatergruppe einen „Gastspiel-/Koproduktionsvertrag“, nach dem
der Gast 70% der Abendeinnahmen erhält.
- Eine Spielstätte, in der eine Tanzcompagnie ihre
Premiere herausbringen will, und ein Zuschussgeber (die Stadt)
sind ganz heiß darauf, Koproduzenten zu werden. Sie wollen einen
Koproduktionsvertrag schließen.
- Ein schon leicht ergrautes Freies Theater (oder
Privattheater) produziert nicht mehr selbst, d.h. engagiert
keine Regisseure und Schauspielerinnen mehr für neue
Inszenierungen und für deren Aufführungen, sondern engagiert
nurmehr Gbr’s.
Eine echte Kooperation bedeutet, dass
alle Partner gleichberechtigte und gleichermaßen in der Pflicht
stehende Gesellschafter sind, sei es als GbR, GmbH,
Partnerschaftsgesellschaft oder Genossenschaft. Das heißt, sie
haben gemeinsame Einnahmen und Ausgaben, sie machen zusammen
gegenüber dem Finanzamt eine Einnahme–Überschuss-Rechnung und
Steuererklärung, sie haften zusammen, sie verantworten zusammen
die KSK-Abgabe etc. Meistens ist dieser Bürokratieaufwand
aber nicht gewollt.
Die Beispiele im
einzelnen: Zu 1.) Geklärt werden muss, wer nun
der Veranstalter der Kurse ist, ob beide gemeinsam oder doch nur
die VHS. Wenn nur die VHS der Veranstalter ist und die
Kooperation nur eine nette Worthülse, ist die Tanzakademie der
Subunternehmer oder Auftragnehmer – dann liegt die Haftung und
die KSK-Abgabe und die Abrechnung mit der Bundesagentur bei der
VHS. Bleibt dann nur noch die Frage, wie viel von den
Bundesagentur-Zuschüssen bei der VHS hängen bleibt, wie viel
davon durchgereicht wird. Zu 2.) Die EU-Richtlinien
schreiben vor, dass ein Partner der verantwortliche Chef ist.
Also macht der Chef Kooperationsverträge mit den Partnern, die
sie aber zu besseren Zulieferern, eben zu Subunternehmern machen
und keineswegs zu Partnern. Beispielsweise werden
Vertragsstrafen vereinbart, falls ein Museum in einem anderen
Land seine Zusagen nicht einhält. Zu 3.) Die
Kooperationspartner sollten bei einer solch beschränkten
Kooperation nicht zu Mitveranstaltern gemacht werden. Es sollte
keine Veranstaltergemeinschaft gegründet werden (als GbR oder
als e.V.). Das führt zu einem enormen Bürokratieaufwand.
Stattdessen sollte eine „Vereinbarung“ getroffen werden, die
präzise beschreibt, was wer tut, wer das Hausrecht hat, und wer
von wem Geld wofür erhält. Anschließend werden Rechnungen
geschrieben. Zuschussabrechnung, Werbung, Künstlerverträge
bleiben in einer Hand, in der Hand der eigentlich
vorantreibenden Kraft. Zu 4.) Diese Überschrift ist reine
Makulatur, es handelt sich um einen Honorarvertrag für ein
Gastspiel mit sehr wenig Regelungen. Er soll wohl allein dazu
dienen, die KSK-Abgabe zu umgehen, indem so getan wird, als ob
das Gastspiel eine Koproduktion sei, bei dem der Gewinn zwischen
den Gesellschaftern mit 70 zu 30 % geteilt würde. Dagegen
spricht, dass die Zahlung nicht als Gewinnausschüttung sondern
eben als Honorar und Gage bezeichnet wird, und dass nicht die
GbR zahlt, sondern der Veranstalter. Es ist anzunehmen, dass
diese Koproduzenten sich nicht gemeinsam beim Finanzamt melden.
Für die auftretenden Künstler ist das alles nicht weiter
wichtig, nur der Veranstalter wird bei einer Betriebsprüfung
durch die KSK Ärger bekommen und nachzahlen müssen. Zu 5.)
Die Spielstätte ist wohl deshalb so scharf darauf, weil sie
gegenüber ihrer Stadt nachweisen muss, dass sie soundsoviel
Premieren herausgebracht hat. Der Zuschussgeber (die Stadt),
weil er (zu Unrecht! Zuschüsse sind KSK-Abgabe frei) die
KSK-Abgabe fürchtet. Wer Koproduzent ist, hat Haftung und
wirtschaftliche Risiken am Hals. Wer z. B. 4 Wochen den
Probenraum gratis zur Verfügung stellt, die Werbung übernimmt
und zu 70 / 30 abrechnet, ist noch lange kein Koproduzent,
sondern ein ganz normaler Veranstalter. Also macht einen
normalen Gastspielvertrag mit ihm mit Sonderregelung zur
Probenraum-Nutzung. Was auf dem Plakat und im Programm-Heft
steht, ist was anderes. Da kannst Du ruhig die Eitelkeiten
bedienen. Zu 6.) Das Theater entlässt also bis auf
Intendanten, Geschäftsführung, Hausmeister und Techniker alle
Mitarbeiter. Das Theater motiviert die spielenden Ensembles,
GbR’s zu gründen. Das Theater zahlt damit keine VddB-Abgabe mehr
für Künstler, keine Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer,
ist an keine Tarifverträge gebunden. Aber die Künstler
brauchen als GbR-Gesellschafter ökonomische Grundkenntnisse, sie
müssen sich über ihre persönliche, unbeschränkte Haftung klar
sein, sie brauchen zumindest einen Crash-Kurs in
Selbständigkeit. Um diesen Wechsel den Künstlern leichter zu
machen, muss der GbR-Vertrag, aber auch der Vertrag zwischen der
GbR und dem Theater, Risiken möglichst reduzieren, die Honorare
müssen wesentlich höher sein als die bisherigen Netto-Gehälter
und das Theater sollte anbieten, für die GbR die nötige
Bürokratie zu übernehmen (Buchführung, Finanzamt). Dem
Zuschussgeber muss schon bei der Beantragung reiner Wein
eingeschenkt werden; d. h. abgerechnet wird eher nicht mit
Einzelbelegen über z.B. Schrauben, Stoff und Farbe, sondern
z.B. mit einer Rechnung der GbR fürs Bühnenbild. Der Auftrag
des Theaters an die GbR zur Erstellung einer neuen
Theaterproduktion wird mit Hilfe eines Werkvertrages erteilt.
Ähnlich wie bei einem Regievertrag muss das Theater einerseits
darauf achten, das Qualitätsniveau des Hauses zu sichern,
andererseits muss es der GbR mehr inhaltliche und künstlerische
Freiheiten lassen, als es das bisher bei angestellten
Schauspielern gewohnt war. Der Gastspielvertrag zwischen GbR
und Theater muss formal sauber gefertigt werden: Keine nur
handschriftlichen Ergänzungen. Ebenso der GbR-Vertrag. Bitte
jeweils im PC Daten sorgfältig eintragen und dann erst
ausdrucken. Keine Teilüberweisungen vom Theater an einzelne
GbR-Gesellschafter. Geld muss auf das GbR-Kto gehen oder aber
bar an einen Bevollmächtigten oder an alle ausgehändigt werden
gegen eine Quittung, von allen unterschrieben. Dann einzelne
Quittungen der Gesellschafter an den Kassenwart der Gesellschaft
über „Gewinnzuteilung aus GbR ...“ Sind verschiedene
Theaterprojekte mit verschiedenen Künstlern besetzt, so
empfiehlt es sich, vor allem bei wechselnder Besetzung und
unterschiedlicher Arbeitsleistung, jeweils je Projekt eine GbR
zu gründen. Das führt schon bei einer Hand voll GbR’s zu sehr
viel Bürokratie und bei Schauspielern, die in 3 oder 4 GbR’s
Gesellschafter sind, leicht zu Verwirrung und Apathie. Dem muss
rechtzeitig begegnet werden. Die Gesellschafter der GbR
erfüllen die Voraussetzungen für die Aufnahme in die KSK. Als
Einkommensnachweis reicht EIN Vertrag einer GbR mit dem Theater
nicht aus. Es sollte mindestens ein weiterer, anderer
Auftraggeber dazu kommen. Schauspieler, die in die KSK wollen,
sollten keinen Schriftverkehr zwischen ihnen und dem Theater
beilegen, NUR Korrespondenz zwischen der GBR und dem Theater.
Das Theater ist für die gezahlten Honorare an die GbR
KSK-Abgabe-pflichtig, es sei denn, es gründet mit der GbR eine
neue, übergeordnete GbR, was aber bei strenger Prüfung als
missbräuchliche Umgehungsregelung beanstandet würde.
Ein Beispiel eines Rahmenvertrages zwischen e.V.
(Produktionsstätte) und GbR (produzierende Theatergruppe, deren
GbR-Vertrag muss gesondert abgeschlossen und diskutiert werden)
kann bei mir erworben werden.
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