Künstlerberatung Stefan Kuntz

Kooperationsverträge (Special)


 
Theaterhäuser, Kulturzentren schließen zunehmend mit denen bei ihnen produzierenden oder sogar gastierenden Künstlern keinen Produktions- oder Gastspielvertrag ab, sondern einen Koproduktions- oder Kooperationsvertrag und sparen so u.a. die KSK-Abgabe.
Über die weiteren Pferdefüße, aber auch über die Möglichkeiten, die vertragliche Gestaltung, informiert dieses Special.
 
Beispiele:

  1. Eine Tanzschule will Bildungsgutscheine von arbeitslosen Tänzerinnen abrechnen können, muss dazu zertifiziert sein, kooperiert deshalb mit einer anerkannten Einrichtung, z.B. einer VHS.
  2. Ein französisches Museum will sein Projekt „van Gogh – Genie und Krankheit“ vor allem aus europäischen Töpfen bezahlen lassen, muss deshalb mit Partnern aus anderen Ländern kooperieren.
  3. Ein Verein will für ein Festival mit Kulturhäusern, in denen die Veranstaltungen stattfinden, kooperieren. Das soll sich aber auf mietfreie Nutzung der Räume, Einnahmeteilung, Kostenbeteiligung und gemeinsame Werbung beschränken.
  4. Ein Kulturzentrum schließt mit einer gastierenden Theatergruppe einen „Gastspiel-/Koproduktionsvertrag“, nach dem der Gast 70% der Abendeinnahmen erhält.
  5. Eine Spielstätte, in der eine Tanzcompagnie ihre Premiere herausbringen will, und ein Zuschussgeber (die Stadt) sind ganz heiß darauf, Koproduzenten zu werden. Sie wollen einen Koproduktionsvertrag schließen.
  6. Ein schon leicht ergrautes Freies Theater (oder Privattheater) produziert nicht mehr selbst, d.h. engagiert keine Regisseure und Schauspielerinnen mehr für neue Inszenierungen und für deren Aufführungen, sondern engagiert nurmehr Gbr’s.
     
    Eine echte Kooperation bedeutet, dass alle Partner gleichberechtigte und gleichermaßen in der Pflicht stehende Gesellschafter sind, sei es als GbR, GmbH, Partnerschaftsgesellschaft oder Genossenschaft. Das heißt, sie haben gemeinsame Einnahmen und Ausgaben, sie machen zusammen gegenüber dem Finanzamt eine Einnahme–Überschuss-Rechnung und Steuererklärung, sie haften zusammen, sie verantworten zusammen die KSK-Abgabe etc.
    Meistens ist dieser Bürokratieaufwand aber nicht gewollt.
     

    Die Beispiele im einzelnen:
    Zu 1.)
    Geklärt werden muss, wer nun der Veranstalter der Kurse ist, ob beide gemeinsam oder doch nur die VHS. Wenn nur die VHS der Veranstalter ist und die Kooperation nur eine nette Worthülse, ist die Tanzakademie der Subunternehmer oder Auftragnehmer – dann liegt die Haftung und die KSK-Abgabe und die Abrechnung mit der Bundesagentur bei der VHS. Bleibt dann nur noch die Frage, wie viel von den Bundesagentur-Zuschüssen bei der VHS hängen bleibt, wie viel davon durchgereicht wird.
    Zu 2.)
    Die EU-Richtlinien schreiben vor, dass ein Partner der verantwortliche Chef ist. Also macht der Chef Kooperations­verträge mit den Partnern, die sie aber zu besseren Zulieferern, eben zu Subunternehmern machen und keineswegs zu Partnern. Beispielsweise werden Vertragsstrafen vereinbart, falls ein Museum in einem anderen Land seine Zusagen nicht einhält.
    Zu 3.)
    Die Kooperationspartner sollten bei einer solch beschränkten Kooperation nicht zu Mitveranstaltern gemacht werden. Es sollte keine Veranstaltergemeinschaft gegründet werden (als GbR oder als e.V.). Das führt zu einem enormen Bürokratieaufwand. Stattdessen sollte eine „Vereinbarung“ getroffen werden, die präzise beschreibt, was wer tut, wer das Hausrecht hat, und wer von wem Geld wofür erhält. Anschließend werden Rechnungen geschrieben. Zuschussabrechnung, Werbung, Künstlerverträge bleiben in einer Hand, in der Hand der eigentlich vorantreibenden Kraft.
    Zu 4.)
    Diese Überschrift ist reine Makulatur, es handelt sich um einen Honorarvertrag für ein Gastspiel mit sehr wenig Regelungen. Er soll wohl allein dazu dienen, die KSK-Abgabe zu umgehen, indem so getan wird, als ob das Gastspiel eine Koproduktion sei, bei dem der Gewinn zwischen den Gesellschaftern mit 70 zu 30 % geteilt würde. Dagegen spricht, dass die Zahlung nicht als Gewinnausschüttung sondern eben als Honorar und Gage bezeichnet wird, und dass nicht die GbR zahlt, sondern der Veranstalter. Es ist anzunehmen, dass diese Koproduzenten sich nicht gemeinsam beim Finanzamt melden. Für die auftretenden Künstler ist das alles nicht weiter wichtig, nur der Veranstalter wird bei einer Betriebsprüfung durch die KSK Ärger bekommen und nachzahlen müssen.
    Zu 5.)
    Die Spielstätte ist wohl deshalb so scharf darauf, weil sie gegenüber ihrer Stadt nachweisen muss, dass sie soundsoviel Premieren herausgebracht hat. Der Zuschussgeber (die Stadt), weil er (zu Unrecht! Zuschüsse sind KSK-Abgabe frei) die KSK-Abgabe fürchtet. Wer Koproduzent ist, hat Haftung und wirtschaftliche Risiken am Hals.
    Wer z. B. 4 Wochen den Probenraum gratis zur Verfügung stellt, die Werbung übernimmt und zu 70 / 30 abrechnet, ist noch lange kein Koproduzent, sondern ein ganz normaler Veranstalter. Also macht einen normalen Gastspielvertrag mit ihm mit Sonderregelung zur Probenraum-Nutzung. Was auf dem Plakat und im Programm-Heft steht, ist was anderes. Da kannst Du ruhig die Eitelkeiten bedienen.
    Zu 6.)
    Das Theater entlässt also bis auf Intendanten, Geschäftsführung, Hausmeister und Techniker alle Mitarbeiter. Das Theater motiviert die spielenden Ensembles, GbR’s zu gründen. Das Theater zahlt damit keine VddB-Abgabe mehr für Künstler, keine Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer, ist an keine Tarifverträge gebunden.
    Aber die Künstler brauchen als GbR-Gesellschafter ökonomische Grundkenntnisse, sie müssen sich über ihre persönliche, unbeschränkte Haftung klar sein, sie brauchen zumindest einen Crash-Kurs in Selbständigkeit.
    Um diesen Wechsel den Künstlern leichter zu machen, muss der GbR-Vertrag, aber auch der Vertrag zwischen der GbR und dem Theater, Risiken möglichst reduzieren, die Honorare müssen wesentlich höher sein als die bisherigen Netto-Gehälter und das Theater sollte anbieten, für die GbR die nötige Bürokratie zu übernehmen (Buchführung, Finanzamt).
    Dem Zuschussgeber muss schon bei der Beantragung reiner Wein eingeschenkt werden; d. h. abgerechnet wird eher nicht mit Einzelbe­legen über z.B. Schrauben, Stoff und Farbe, sondern z.B. mit einer Rechnung der GbR fürs Bühnenbild.
    Der Auftrag des Theaters an die GbR zur Erstellung einer neuen Theaterproduktion wird mit Hilfe eines Werkvertrages erteilt. Ähnlich wie bei einem Regievertrag muss das Theater einerseits darauf achten, das Qualitätsniveau des Hauses zu sichern, andererseits muss es der GbR mehr inhaltliche und künstlerische Freiheiten lassen, als es das bisher bei angestellten Schauspielern gewohnt war.
    Der Gastspielvertrag zwischen GbR und Theater muss formal sauber gefertigt werden: Keine nur handschriftlichen Ergänzungen.
    Ebenso der GbR-Vertrag. Bitte jeweils im PC Daten sorgfältig eintragen und dann erst ausdrucken.
    Keine Teilüberweisungen vom Theater an einzelne GbR-Gesellschafter. Geld muss auf das GbR-Kto gehen oder aber bar an einen Bevollmächtigten oder an alle ausgehändigt werden gegen eine Quittung, von allen unterschrieben. Dann einzelne Quittungen der Gesellschafter an den Kassenwart der Gesellschaft über „Gewinnzuteilung aus GbR ...“
    Sind verschiedene Theaterprojekte mit verschiedenen Künstlern besetzt, so empfiehlt es sich, vor allem bei wechselnder Besetzung und unterschiedlicher Arbeitsleistung, jeweils je Projekt eine GbR zu gründen. Das führt schon bei einer Hand voll GbR’s zu sehr viel Bürokratie und bei Schauspielern, die in 3 oder 4 GbR’s Gesellschafter sind, leicht zu Verwirrung und Apathie. Dem muss rechtzeitig begegnet werden.
     
    Die Gesellschafter der GbR erfüllen die Voraussetzungen für die Aufnahme in die KSK. Als Einkommensnachweis reicht EIN Vertrag einer GbR mit dem Theater nicht aus. Es sollte mindestens ein weiterer, anderer Auftraggeber dazu kommen. Schauspieler, die in die KSK wollen, sollten keinen Schriftverkehr zwischen ihnen und dem Theater beilegen, NUR Korrespondenz zwischen der GBR und dem Theater.
    Das Theater ist für die gezahlten Honorare an die GbR KSK-Abgabe-pflichtig, es sei denn, es gründet mit der GbR eine neue, übergeordnete GbR, was aber bei strenger Prüfung als missbräuchliche Umgehungsregelung beanstandet würde.
     
     
    Ein Beispiel eines Rahmenvertrages zwischen e.V. (Produktionsstätte) und GbR (produzierende Theatergruppe, deren GbR-Vertrag muss gesondert abgeschlossen und diskutiert werden)
    kann bei mir erworben werden.

 

 

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zuletzt aktualisiert: 12.02.2014