Selbstvermarktung einer Künstlerin/Publizistin im
Grenzbereich zur gewerblichen Tätigkeit
In der
Regel arbeitet eine Künstlerin/Publizistin als Freiberuflerin. Wenn
sie aber nicht nur Webdesign macht sondern auch Webseiten
programmiert, wird sie gewerblich tätig. Wenn sie nicht nur Gitarre
spielt sondern auch CDs ihrer Musik verkauft, kann das ebenfalls zur
gewerblichen Tätigkeit werden, muss aber nicht.
Um zu vermeiden,
dass die gesamte Tätigkeit steuerlich als gewerbliche eingestuft
wird, trennt frau diese gewerbliche Tätigkeit von der
freiberuflichen – mit eigenem Konto, Buchführung, Briefpapierkopf.
Diese steuerlichen Fragen wurden auf
kuenstlerrat.de/freigewerb.htm diskutiert, hier geht es vor
allem und zusätzlich um die sozialversicherungsrechtlichen
Konsequenzen.
Dem Sozialversicherungsrecht ist es
weitgehend egal, woher die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
kommen, ob aus gewerblicher oder aus freiberuflicher. Sogar die
Künstlersozialkasse akzeptiert, dass eine Künstlerin/Publizistin
beim Finanzamt als Gewerbetreibende gilt, wird aber nachfragen, wie
sich denn die Einkünfte zusammensetzen.
Selbstvermarktung wird
von der KSK akzeptiert, also
- Eintrittseinnahmen eines Schauspielers für seinen Auftritt,
- Verkäufe der Bücher eines Autors im Selbstverlag,
- der CDs einer Musikerin im Selbstverlag.
Ganz normale,
akzeptierte freiberufliche künstlerische/publizistische Vermarktung
sind trotz des in Folge stattfindenden Handels u.a. der Verkauf von
Nutzungsrechten
- für ein
Buch/ eine Komposition/ ein Arrangement / eine Illustration an einen
Verlag,
- an einem
Tapetenentwurf an eine Tapetenfabrik,
- an einem Kimono-Design an eine Schneiderei
- für das Design eines Kommunionskettchens an eine Goldwarenfabrik.
Gewinn aus einer gewerblichen Tätigkeit unter 5.400 € wird
toleriert. Wer also pro Jahr nur um die 5.000 € Gewinn aus Anteilen
an einer Windkraftanlagen-Genossenschaft, aus den Sonnenkollektoren
auf dem eigenen Dach, aus gewerblicher Vermietung hat, braucht
sich nicht zu sorgen.
Wer bei einer Beitragsprüfung aber
auffällt mit Gewinn über 5.400 €, kann nicht mehr über die KSK
preiswert kranken- und pflegeversichert werden sondern muss das
doppelt so teuer als „Freiwillig Versicherter“ (in einer
gesetzlichen Krankenkasse) tun.
Nicht-gewerbliche
Vermietung, Kapitaleinkünfte sind meist kein Problem.
Ein
Problem sind aber die Gewinne, die mit dem freiberuflichen Gewinn
als Künstlerin/Publizistin zusammenhängen, aber eigentlich
gewerblich eingestuft werden müssen. Und das sind eben meist die
Ergebnisse der zusätzlichen Vermarktung der eigenen Kreativität, die
einem ja von allen Marketing-Aposteln gepredigt wird, also auch das
Merchandising, ohne dass aber von diesen Kulturmarketingspezialisten
auf die bürokratischen Komplikationen hingewiesen wird.
Wenn
mann die gewerblichen Einkünfte nicht trennt von den künstlerischen,
sondern in den künstlerischen mitlaufen lässt, hat mann bei einer
Prüfung durch die KSK erstmal keine Probleme, weil die KSK auf Grund
der Steuerbescheide keinen Verdacht auf gewerbliche Einnahmen
schöpft. Aber mann bekommt bei einer Steuerprüfung Ärger mit dem
Finanzamt. Wenn frau die gewerblichen Einkünfte sauber trennt von
den künstlerischen, hat sie keinen Ärger mit dem Finanzamt, aber sie
bekommt welchen bei einer Prüfung durch die KSK.
Die
Aufbewahrung der Garderobe, der Verkauf von Programmen z.B. werden
umsatzsteuerlich als steuerfreie Nebenleistung behandelt. Die
Lieferung von Speisen, Getränken und Süßwaren im Theaterfoyer aber
nicht.
Aber wie sieht es aus durch die Brille der
Sozialversicherung? Wenn mann nicht in die Nähe der Freigrenze von
5.400 € kommt, ist das ja kein Problem, solche Einnahmen
auszugliedern und als gewerbliche anzugeben. Hat man aber schon
fette Sonnenkollektoren auf dem Dach, kann es heiß werden!
Nebenleistungen (z.B. auch Druckkosten) unterliegen nach einem
Schreiben des Bundesversicherungsamtes vom 18.1.2008
http://www.kskontra.de/md.static/antwort_bva.pdf im Allgemeinen
der KSK-Abgabe, sollten sie dann nicht auch zu den künstlerischen
Einkünften zählen? Ja, weil sie untrennbarer Bestandteil der
künstlerischen Leistung sind.
MWSt, Zahlungen an
Verwertungsgesellschaften, und im Rahmen der steuerlichen Sätze
Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand, Bewirtungskosten für die
auftretenden Künstler, Übernachtungskosten, Reisenebenkosten gehören
nicht zur Berechnungsgrundlage für die KSK-Abgabe (KSK-Infoblatt
10), sollten also auch nicht zu den künstlerischen Einnahmen zählen.
Sind aber dann Erstattungen dieser Kosten gewerbliche Einnahmen?
Nein, weil sie eng verbundene Nebenleistungen sind. Diese Frage
stellt sich aber in der Praxis nicht, weil diese Nebenleistungen in
der Gewinnermittlung in der Regel durch entsprechende Ausgaben
ausgeglichen werden.
Merchandising ist nach Gablers
Wirtschaftslexikon die Vermarktung von Lizenzen (Licensing).
Merchandising taucht im offiziellen KSVG-Kommentar auf zu § 25, Rd
Nr 14: Zahlungen, die wegen der Einräumung von Verwertungsrechten
zur Herstellung und Verbreitung von Waren jeder Art, die in
Beziehung zu Namen und Persönlichkeit des Künstlers stehen, fallen
nicht unter die KSK-Abgabepflicht und gelten somit nicht als
künstlerische Einkünfte.
Für die Künstlerin ist die Vergabe von
Lizenzen an ihrem Namen, Persönlichkeit und Marke untrennbar mit
ihrer künstlerischen Leistung verbunden, aber nicht für das
Sozialrecht. Im Kommentar wird ein BSG-Urteil zitiert, die
KSK-Abgabe „… hängt allein davon ab, ob ein Entgelt (final) für eine
künstlerische Leistung oder (kausal) wegen ihr gezahlt worden ist“
(26.1.2006 B3KR 3/05 R), das BSG macht also die final motivierte
Zahlung zu Bedingung. Demnach wären die Einnahmen aus dem Verkauf
von Fanshop-Artikeln kausal motiviert und nicht final, nicht FÜR
eine künstlerische Leistung.
Merchandising ist mehr als die
(Selbst-)Vermarktung der eigenen künstlerischen Leistung, aber
wieviel mehr ist m.E. schwer zu beurteilen. Merchandising sind z.B.
Werbeinnahmen mit Fanartikeln in einem Fanshop. Verkaufe ich meine
eigene CD, ist das allerdings okay. Verkaufe ich sie in Kommission
für das Label/den Verlag, ist es Handel und nicht okay. Verkaufe ich
in großem Stil CDs mit einem Kugelschreiber, wodrauf mein Logo
prangt, ist es nicht mehr okay. Dann sollte ich lieber weniger CDs
und solo verkaufen und den Kugelschreiber als Give-Away dazu legen.
Erlaube ich der Sparkasse, für 500 € ihr Logo auf meinem
Programmheft zu platzieren, sind das gewerbliche Einnahmen aus
Werbung. Die Lieferung von Speisen, Getränken und Süßwaren im
Theaterfoyer sind ebenfalls gewerbliche Einnahmen. Der Verkauf von
Schläppchen im Tanzstudio, von Gitarrensaiten in der Musikschule
natürlich auch.
Wenn die als nicht-künstlerisch
eingeordneten Merchandising-Einkünfte im Rahmen der künstlerischen
Tätigkeit mit anfallen und rechtlich nicht gesondert geführt werden,
gelten sie in den Augen der KSK für die Beurteilung der
Versicherungspflicht nach dem KSVG als Ausfluss bzw. untrennbarer
Bestandteil der künstlerischen Tätigkeit, als fest mit der
künstlerischen Tätigkeit verwoben und somit dem
versicherungspflichtigen Einkommen zugehörig.
Und jetzt haben wir
uns wieder im Kreis gedreht: Wer die Merchandising-Einkünfte nicht
gesondert führt (weder in einer eigenen Rechtsform noch mit einer
getrennten EÜR) hat gegenüber der KSK gute Karten, gegenüber dem
Finanzamt aber schlechte. Wenn jedoch zwei eindeutig trennbare
Einkommensquellen vorliegen, von denen die eine der künstlerischen
Tätigkeit zuzurechnen ist und die andere dem nicht-künstlerischen
Bereich (Einkünfte aus Gewerbebetrieb), dann hat frau gegenüber dem
Finanzamt gute Karten, gegenüber der KSK aber schlechte. Die KSK
sieht zwar auch Problematik der kollidierenden Interessen zwischen
fiskalischen und sozialversicherungsrechtlichen Überlegungen, zeigt
sich hier aber hilf- und ratlos.
Fazit, hier also meine Tipps:
- Nebenleistungen sollten in
Angeboten, Verträgen, Rechnungen und Buchführung immer als
untrennbar mit der Hauptleistung Kunst dargestellt werden.
- Handel sollte nur mit Erzeugnissen der eigenen kreativen Tätigkeit
„im Rahmen des Üblichen in dienender Funktion“ getrieben werden
(Bücher, CDs). Bis hierhin keine Probleme mit Finanzamt und KSK.
- Wenn der Handel zum
gewerblichen „Massenbetrieb“ wird und mehr als 3 % der Einkünfte
hervorbringt, sollte er als zusätzliches Gewerbe angemeldet werden.
Ab hier Probleme mit der KSK, sofern der gewerbliche Gewinn über
5.400 €. Wenn die Anmeldung des zusätzlichen Gewerbes sich nicht
vermeiden lässt, als Konsequenz leider in die Freiwillige,
gesetzliche Krankenversicherung wechseln (man bleibt noch
rentenversichert über die KSK).
- Wenn schon, denn schon: Gewerbliche Tätigkeit als zweites Standbein
konsequent und mit kaufmännischer Ausrüstung und Zielsetzung
ausbauen. Wenn der Gewinn daraus an die halbe Beitragsbemessungsgrenze
(2018) 38.000 € (West)/34.800 € (Ost)/ Jahr heranreicht (darüber
keine Rentenversicherung über die KSK mehr!), entweder freiwillig
Rentenbeiträge zahlen, um Anwartschaften zu erhalten, oder
Altersvorsorge komplett anders aufbauen (wenn man sich das leisten
kann).
- Vor dem Umbau
erwägen, ob die gewerbliche Tätigkeit auf einen Verwandten / Freund
laufen kann, oder auf eine juristische Person (UG, GmbH), bei der
man Angestellter wird (teuer!).
_________________________________________________________________

Dieses Werk ist lizenziert unter einer
Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.
Alle Rechte: Stefan Kuntz
War das für Sie hilfreich?
Wie wär's dann mit
einer Spende?