Künstlerberatung Stefan Kuntz

Tätigkeiten trennen? (Special)


Wenn klar ist, dass alles, was frau tut, freiberuflich-künstlerischer Natur ist, ist sie fein raus und hat keinen Ärger mit Organisationen wie der KSK, dem Finanzamt oder der Industrie- und Handelskammer (Beitrag für Gewerbetreibende!).


Aber häufig tanzt mann ja auf vielen Hochzeiten gleichzeitig, betreibt vielleicht ein bisschen Merchandising, vielleicht sogar mit einem Internet-Shop, macht nicht nur Musik, sondern hat auch noch ein Musik-Label. Dann besteht die Gefahr, dass die gesamte Tätigkeit als gewerblich eingeordnet wird.  

Wie viel „Gewerbliches“ ist einem Freiberufler erlaubt?

Freiberufler verlieren diesen Status, wenn sie nur wenig mehr als drei Prozent ihres Umsatzes mit gewerblichen Tätigkeiten erzielen. Sie sind dann für ihre gesamte Tätigkeit gewerbesteuerpflichtig. Der Bundesfinanzhof  hat diesen Wert für die "Abfärbewirkung" in drei Urteilen vom 27. August 2014, neu festgelegt. Bisher war die Grenze irgendwo zwischen 1 und 6 Prozent.
In den jetzt veröffentlichten Urteilen hat der BFH die Grenze neu und für die Zukunft verbindlich gezogen: Ist der Umsatz von Freiberuflern aus gewerblichen Nebentätigkeiten höher als 24.500 € im Jahr bzw. macht er mehr als drei Prozent vom gesamten Umsatz aus, so färbt er ab und der gesamte Umsatz – also auch der mit eigentlich freiberuflichen Tätigkeiten erzielte – ist gewerbesteuerpflichtig.
Im Urteil VIII R 16/11 vom 27.8.2014 ging es um eine Gesangsgruppe, in deren vor allem mit Karnevalsauftritten erzieltem Jahresumsatz von rund 221.000 € Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandising-Artikeln in Höhe von 5.000 € enthalten waren. Das Finanzamt hatte den gesamten Gewinn als gewerblich behandelt und der Gewerbesteuer unterzogen. Der BFH entschied: Die gewerblichen Einnahmen färben nicht ab auf die Einnahmen aus künstlerischer Tätigkeit, weil  sie nur einen "äußerst geringen Anteil" von 2.26 Prozent vom Gesamtumsatz ausmachen. Keine Gewerbesteuer.
Eine Werbeagentur hatte als GbR vor allem mit Webdesign einen Umsatz von gut 250.000 € im Jahr erzielt, darin waren aber auch Provisionszahlungen aus der Vermittlung von Aufträgen an Druckereien in Höhe von 10.840 € enthalten. Das Finanzamt setzte für den gesamten Gewinn von 118.656 € Gewerbesteuer fest. Da die Provisionseinnahmen 4,27 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten, bestätigte der BFH den Entscheid des Finanzamtes. (BFH-Urteil VIII R 41/11 vom 27.8.2014.)
Die Konsequenz ist also, bei einer gewerblichen Betätigung über 3 % vom Umsatz rechtzeitig ein Gewerbe anzumelden und dafür eine getrennte Buchführung vorzunehmen. Bei einem Gewinn unter 5.400 €/Jahr gefährdet das nicht die Krankenversicherung über die KSK.

Oder frau arbeitet neben der von der KSK akzeptierten künstlerischen, selbständigen Tätigkeit noch in einem weiteren von der KSK nicht akzeptierten freiberuflichen Bereich, z.B. als Physiotherapeutin oder als Erlebnispädagogin.


Die Frage der Trennung der verschiedenen Tätigkeiten ist wichtig für die Versicherung über die KSK und für die Gewerbesteuer. Dabei wird am Rande auch die Umsatzsteuer berührt.

Übt ein solistisch arbeitender Freiberufler sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, müssen diese steuerlich getrennt werden. Aber das geht  nur dann, wenn zwischen den beiden Bereichen kein Zusammenhang besteht, dann ist es eine sogenannte „gemischt-trennbare“ Tätigkeit. Um den freiberuflichen Bereich von dem gewerblichen zu trennen, ist u.a. eine getrennte Buchführung empfehlenswert.
Wer als Freiberufler sich selbst mit seinem zweiten (gewerblichen) Standbein Rechnungen schreibt (z.B. als Musiker an sich selbst als Musiklabel), stellt ja geradezu den Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten her und tut nach § 42 AO etwas, was das Finanzamt gar nicht liebt.
Es kann nützlich sein, die gewerbliche Tätigkeit als juristische Person auszuüben, z.B. als UG (haftungsbeschränkt), vielleicht auch mit einem weiteren (stillen) Gesellschafter. Dann ist die Trennung deutlicher und Komplikationen mit Scheinrechnungen und Insichgeschäften bleiben hoffentlich aus. Natürlich ist die Idee bestechend, dem gewerblichen Standbein durch Rechnungen des freiberuflichen Standbeins so viele Ausgaben zu bescheren, dass der Gewinn des gewerblichen Standbeins unter 5.400 € rutscht. Für diese Konstruktion sollte mit Hilfe eines guten Steuerberaters/ Fachanwalt für Steuerrecht mit dem Finanzamt Einvernehmen hergestellt werden.
Wenn sich die Einkünfte aus verschiedenen Erwerbsquellen nicht trennen lassen und sich die einzelnen Tätigkeiten gegenseitig bedingen, wenn also ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen besteht, liegt eine „untrennbar gemischte“ Tätigkeit vor. Dazu mehr auf meiner Website und im Survival Kit.

 

Prinzipiell ist es ja möglich, als KSK-Versicherter zwei selbständige Tätigkeiten auszuüben. Sie haben einen Scheinwerferverleih oder eine Imbissbude oder Sie sind Model oder Fitness-Trainerin oder Inhaber einer Lichttechnik-Firma (also alles nicht-künstlerische Tätigkeiten) und Sie spielen Kontrabass. Der Gewinn der nicht-künstlerischen Tätigkeit muss aber unter der Geringfügigkeitsgrenze (seit 2013: 450 €/ Monat = 5.400 €/Jahr) bleiben und die künstlerische Tätigkeit muss Ihr Hauptberuf (grob definiert mit mehr als 20 Wochenstunden und höhere wirtschaftliche Bedeutung) sein, damit Sie über die KSK in der Krankenversicherung versichert werden. Wer also auf Nachfrage der KSK mitteilt, dass die Tätigkeit zu 80 % aus Ballett-Unterricht besteht, zu 10 % aus Hip-Hop und zu 10% aus Buchführung für ein anderes Ballettstudio, der muss aufpassen, dass diese nicht KSK-fähigen 20 % nicht über 450 € im Monat kommen. Bei der Beitragsüberprüfung werden die Einkünfte außerhalb der selbständigen, künstlerischen Tätigkeit kontrolliert. Wer neben seiner künstlerischen Arbeit noch Gewinn von (seit 2013) mehr als 450 € im Monat aus einer anderen selbstständigen (gewerblichen) Arbeit hat, könnte aus der Krankenversicherung über die KSK rausfliegen.
Nun kann frau ja schwer abschätzen, wie viel sie irgendwann als Kontrabassistin oder als Physiotherapeutin verdient. Und schwups! ist sie über der gefährlichen Grenze und muss plötzlich allein für die Krankenversicherung rund 370 € im Monat bezahlen.


Nun kommt die Kontrabassistin auf die Idee, diese beiden freiberuflichen Tätigkeiten in ihrer Buchführung nicht zu trennen, sodass sie nur eine einzige Einnahme-Überschuss-Rechnung fertigt und einen Einkommensteuerbescheid erhält, der nur eine einzigen freiberuflichen Gewinn ausweist, sodass die KSK bei einer eventuellen Überprüfung zunächst mal auf Grund der Aktenlage zufrieden ist und keinen Hinweis auf eine nicht KSK-fähige Tätigkeit erhält. Die Musikerin geht damit das Risiko eines Bußgeldes von bis zu 5.000 € ein, weil sie bei der Meldung ihres voraussichtlichen Jahreseinkommens ihre zweite freiberufliche Tätigkeit verschwiegen hat.


Sollte ihre zweite Tätigkeit eine gewerbliche sein, z.B. als Kosmetikerin, so würde die Kontrabassistin das zusätzliche Risiko eingehen, dass das Finanzamt wegen fehlender Gewerbesteueranmeldung auf sie aufmerksam wird. Allerdings beginnt die Gewerbesteuerpflicht erst ab einem Gewinn von über 24.500 €.


Das Finanzamt wird oft durch die Umsatzsteuerklärungen auf ein mögliches Gewerbe aufmerksam. Denn die Kontrabassistin wird ja ihre musikalischen Umsätze oberhalb der Umsatzsteuerfreigrenze von 17.500 €/Jahr mit 0 oder 7 % versteuern, ihre Umsätze als Kosmetikerin aber mit 19 %. Also fragt sich das Finanzamt natürlich, wieso die Musikerin denn so hohe Umsätze mit 19 % tätigt.
Wenn sie ihre umsatzsteuerpflichtigen Umsätze als Kosmetikerin illegal ebenfalls nur mit 7 % versteuert, geht sie bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ein sehr hohes Risiko ein.


Manche (Steuer-)Künstler können ihre Arbeit in einen umsatzsteuerpflichtigen Teil (selbständiger Artist, Workshops, theaterpädagog. Arbeit) und in einen umsatzsteuerbefreiten Teil (z.B. Beteiligung an einer Theater-GbR, Solo-Musikerin) aufsplitten. Weil die Umsatzsteuerpflicht nur auf Grund des USt-pflichtigen Umsatzes (§ 19,3,1 UStG), nicht auf Grund des Gesamtumsatzes entsteht, könnte man der Ansicht sein, dass die Tätigkeiten tunlichst getrennt werden sollten, um die Umsatzsteuerfreiheit zu genießen. Das ist aber kein Grund: eine gemischte Tätigkeit kann durchaus umsatzsteuerpflichtige und umsatzsteuerbefreite Teile enthalten.


Legale Möglichkeiten,  Einkünfte, die von der KSK als nicht-künstlerisch/publizistisch eingeordnet werden, trotzdem nicht zu einer Aufhebung des preiswerten KSK- Krankenversicherungsschutzes führen zu lassen, bestehen wenigstens im Rahmen des Kursleiterfreibetrages von 2.400 €/Jahr (§ 3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz). Wenigstens diese Freibeträge sollte man ausnutzen z.B. für Kosmetik-, Koch-, Erlebnis-, Rhetorik-, Yoga- und Aerobic-Kurse oder im Rahmen der „Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten“ und im Rahmen des „allgemeiner Freibetrag für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten“ in Höhe von 720 €/ Jahr. Dazu ebenfalls mehr im Survival Kit.


Siehe auch „Freier Beruf oder Gewerbe?

 

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zuletzt aktualisiert: 6.05.2015