Wenn klar ist, dass alles, was frau tut,
freiberuflich-künstlerischer Natur ist, ist sie fein raus und hat
keinen Ärger mit Organisationen wie der KSK, dem Finanzamt oder der
Industrie- und Handelskammer (Beitrag für Gewerbetreibende!).
Aber häufig tanzt mann ja auf vielen Hochzeiten gleichzeitig,
betreibt vielleicht ein bisschen Merchandising, vielleicht sogar mit
einem Internet-Shop, macht nicht nur Musik, sondern hat auch noch
ein Musik-Label. Dann besteht die Gefahr, dass die gesamte
Tätigkeit als gewerblich eingeordnet wird.
Wie viel „Gewerbliches“ ist einem
Freiberufler erlaubt?
Freiberufler verlieren diesen Status, wenn sie nur
wenig mehr als drei Prozent ihres Umsatzes mit
gewerblichen Tätigkeiten erzielen. Sie sind dann für ihre gesamte
Tätigkeit gewerbesteuerpflichtig. Der Bundesfinanzhof hat
diesen Wert für die "Abfärbewirkung" in drei Urteilen vom 27.
August 2014, neu festgelegt. Bisher war die Grenze irgendwo
zwischen 1 und 6 Prozent.
In den jetzt veröffentlichten
Urteilen hat der BFH die Grenze neu und für die Zukunft
verbindlich gezogen: Ist der Umsatz von Freiberuflern aus
gewerblichen Nebentätigkeiten höher als 24.500 € im Jahr bzw.
macht er mehr als drei Prozent vom gesamten Umsatz aus, so färbt
er ab und der gesamte Umsatz – also auch der mit eigentlich
freiberuflichen Tätigkeiten erzielte – ist
gewerbesteuerpflichtig.
Im
Urteil VIII R 16/11 vom 27.8.2014 ging es um eine
Gesangsgruppe, in deren vor allem mit Karnevalsauftritten
erzieltem Jahresumsatz von rund 221.000 € Einnahmen aus dem
Verkauf von Merchandising-Artikeln in Höhe von
5.000 € enthalten waren. Das Finanzamt hatte den gesamten Gewinn
als gewerblich behandelt und der Gewerbesteuer unterzogen. Der
BFH entschied: Die gewerblichen Einnahmen färben nicht ab auf
die Einnahmen aus künstlerischer Tätigkeit, weil sie nur einen
"äußerst geringen Anteil" von 2.26 Prozent vom Gesamtumsatz
ausmachen. Keine Gewerbesteuer.
Eine Werbeagentur hatte als
GbR vor allem mit Webdesign einen Umsatz von gut 250.000 € im
Jahr erzielt, darin waren aber auch Provisionszahlungen
aus der Vermittlung von Aufträgen an Druckereien in
Höhe von 10.840 € enthalten. Das Finanzamt setzte für den
gesamten Gewinn von 118.656 € Gewerbesteuer fest. Da die
Provisionseinnahmen 4,27 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten,
bestätigte der BFH den Entscheid des Finanzamtes. (BFH-Urteil
VIII R 41/11 vom 27.8.2014.)
Die Konsequenz
ist also, bei einer gewerblichen Betätigung über 3 % vom Umsatz
rechtzeitig ein Gewerbe anzumelden und dafür eine getrennte
Buchführung vorzunehmen. Bei einem Gewinn unter 5.400 €/Jahr
gefährdet das nicht die Krankenversicherung über die KSK.
Oder frau arbeitet neben der von der KSK akzeptierten
künstlerischen, selbständigen Tätigkeit noch in einem weiteren von
der KSK nicht akzeptierten freiberuflichen Bereich, z.B. als
Physiotherapeutin oder als Erlebnispädagogin.
Die Frage der Trennung der verschiedenen Tätigkeiten
ist wichtig für die Versicherung über die KSK und für die
Gewerbesteuer. Dabei wird am Rande auch die Umsatzsteuer berührt.
Übt ein solistisch arbeitender Freiberufler sowohl eine
freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, müssen diese
steuerlich getrennt werden. Aber das geht nur dann, wenn zwischen den beiden
Bereichen kein Zusammenhang besteht, dann ist es eine sogenannte
„gemischt-trennbare“ Tätigkeit. Um den freiberuflichen Bereich von
dem gewerblichen zu trennen, ist u.a. eine getrennte Buchführung
empfehlenswert.
Wer als Freiberufler sich selbst mit seinem
zweiten (gewerblichen) Standbein Rechnungen schreibt (z.B. als
Musiker an sich selbst als Musiklabel), stellt ja geradezu den
Zusammenhang zwischen beiden Tätigkeiten her und tut nach § 42 AO
etwas, was das Finanzamt gar nicht liebt.
Es kann nützlich sein,
die gewerbliche Tätigkeit als juristische Person auszuüben, z.B. als
UG (haftungsbeschränkt), vielleicht auch mit einem weiteren
(stillen) Gesellschafter. Dann ist die Trennung deutlicher und
Komplikationen mit Scheinrechnungen und Insichgeschäften bleiben
hoffentlich aus. Natürlich ist die Idee bestechend, dem gewerblichen
Standbein durch Rechnungen des freiberuflichen Standbeins so viele
Ausgaben zu bescheren, dass der Gewinn des gewerblichen Standbeins
unter 5.400 € rutscht. Für diese Konstruktion sollte mit Hilfe eines
guten Steuerberaters/ Fachanwalt für Steuerrecht mit dem Finanzamt
Einvernehmen hergestellt werden.
Wenn sich die Einkünfte aus verschiedenen Erwerbsquellen nicht
trennen lassen und sich die einzelnen Tätigkeiten gegenseitig
bedingen, wenn also ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang
zwischen ihnen besteht, liegt eine „untrennbar gemischte“ Tätigkeit
vor. Dazu mehr auf meiner
Website und im
Survival Kit.
Prinzipiell ist es ja möglich, als KSK-Versicherter zwei
selbständige Tätigkeiten auszuüben. Sie haben einen
Scheinwerferverleih oder eine Imbissbude oder Sie sind Model oder
Fitness-Trainerin oder Inhaber einer Lichttechnik-Firma (also alles
nicht-künstlerische Tätigkeiten) und Sie spielen Kontrabass. Der
Gewinn der nicht-künstlerischen Tätigkeit muss aber unter der
Geringfügigkeitsgrenze (seit 2013: 450 €/ Monat = 5.400 €/Jahr)
bleiben und die künstlerische Tätigkeit muss Ihr Hauptberuf (grob
definiert mit mehr als 20 Wochenstunden und höhere wirtschaftliche
Bedeutung) sein, damit Sie über die KSK in der Krankenversicherung
versichert werden. Wer also auf Nachfrage der KSK mitteilt, dass die
Tätigkeit zu 80 % aus Ballett-Unterricht besteht, zu 10 % aus
Hip-Hop und zu 10% aus Buchführung für ein anderes Ballettstudio,
der muss aufpassen, dass diese nicht KSK-fähigen 20 % nicht über 450
€ im Monat kommen. Bei der Beitragsüberprüfung werden die Einkünfte
außerhalb der selbständigen, künstlerischen Tätigkeit kontrolliert.
Wer neben seiner künstlerischen Arbeit noch Gewinn von (seit 2013)
mehr als 450 € im Monat aus einer anderen selbstständigen
(gewerblichen) Arbeit hat, könnte aus der Krankenversicherung über
die KSK rausfliegen.
Nun kann frau ja schwer abschätzen, wie viel
sie irgendwann als Kontrabassistin oder als Physiotherapeutin
verdient. Und schwups! ist sie über der gefährlichen Grenze und muss
plötzlich allein für die Krankenversicherung rund 370 € im Monat
bezahlen.
Nun kommt die Kontrabassistin auf die Idee, diese beiden
freiberuflichen Tätigkeiten in ihrer Buchführung nicht zu trennen,
sodass sie nur eine einzige Einnahme-Überschuss-Rechnung fertigt und
einen Einkommensteuerbescheid erhält, der nur eine einzigen
freiberuflichen Gewinn ausweist, sodass die KSK bei einer
eventuellen Überprüfung zunächst mal auf Grund der Aktenlage
zufrieden ist und keinen Hinweis auf eine nicht KSK-fähige Tätigkeit
erhält. Die Musikerin geht damit das Risiko eines Bußgeldes von bis
zu 5.000 € ein, weil sie bei der Meldung ihres voraussichtlichen
Jahreseinkommens ihre zweite freiberufliche Tätigkeit verschwiegen
hat.
Sollte ihre zweite Tätigkeit eine gewerbliche sein, z.B. als
Kosmetikerin, so würde die Kontrabassistin das zusätzliche Risiko
eingehen, dass das Finanzamt wegen fehlender Gewerbesteueranmeldung
auf sie aufmerksam wird. Allerdings beginnt die Gewerbesteuerpflicht
erst ab einem Gewinn von über 24.500 €.
Das Finanzamt wird oft durch die Umsatzsteuerklärungen auf
ein mögliches Gewerbe aufmerksam. Denn die Kontrabassistin wird ja
ihre musikalischen Umsätze oberhalb der Umsatzsteuerfreigrenze von
17.500 €/Jahr mit 0 oder 7 % versteuern, ihre Umsätze als
Kosmetikerin aber mit 19 %. Also fragt sich das Finanzamt natürlich,
wieso die Musikerin denn so hohe Umsätze mit 19 % tätigt.
Wenn
sie ihre umsatzsteuerpflichtigen Umsätze als Kosmetikerin illegal
ebenfalls nur mit 7 % versteuert, geht sie bei einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung ein sehr hohes Risiko ein.
Manche (Steuer-)Künstler können ihre Arbeit in einen
umsatzsteuerpflichtigen Teil (selbständiger Artist, Workshops,
theaterpädagog. Arbeit) und in einen umsatzsteuerbefreiten Teil
(z.B. Beteiligung an einer Theater-GbR, Solo-Musikerin) aufsplitten.
Weil die Umsatzsteuerpflicht nur auf Grund des USt-pflichtigen
Umsatzes (§ 19,3,1 UStG), nicht auf Grund des Gesamtumsatzes
entsteht, könnte man der Ansicht sein, dass die Tätigkeiten
tunlichst getrennt werden sollten, um die Umsatzsteuerfreiheit zu
genießen. Das ist aber kein Grund: eine gemischte Tätigkeit kann
durchaus umsatzsteuerpflichtige und umsatzsteuerbefreite Teile
enthalten.
Legale Möglichkeiten, Einkünfte, die von der KSK als
nicht-künstlerisch/publizistisch eingeordnet werden, trotzdem nicht
zu einer Aufhebung des preiswerten KSK- Krankenversicherungsschutzes
führen zu lassen, bestehen wenigstens im Rahmen des
Kursleiterfreibetrages von 2.400 €/Jahr (§
3 Nr. 26 Einkommensteuergesetz). Wenigstens diese Freibeträge
sollte man ausnutzen z.B. für Kosmetik-, Koch-, Erlebnis-,
Rhetorik-, Yoga- und Aerobic-Kurse oder im Rahmen der
„Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten“ und im Rahmen des
„allgemeiner Freibetrag für Einnahmen aus nebenberuflichen
Tätigkeiten“ in Höhe von 720 €/ Jahr. Dazu ebenfalls mehr im
Survival Kit.
Siehe auch
„Freier Beruf oder Gewerbe?“

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Alle Rechte: Stefan Kuntz
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